Samstag fand in Offenbach wieder die HMWJ (Hessische Mannschaftsmeisterschaft der weiblichen Jugend) statt. Wir haben in Bad Hersfeld schon immer einen sehr hohen Mädchenanteil gehabt, fast immer an der HMWJ teilgenommen und auch schon viele Pokale und Hessenmeistertitel bei diesen Mädchenmannschaftsmeisterschaften gewonnen.
Diese Jahr können wir mit zwei Mannschaften teilnehmen. Altersklasse U18 mit Alana Prendel, Angelina Doncev, Michelle Heß, Charly Fizer, und Gulistan Ahmed. Dieses Team hat in nahezu identischer Besetzung schon Meistertitel in der U16 und U12 geholt und hat durchaus den Ehrgeiz dieses Jahr den U18-Titel zu holen. In der Altersklasse U12 treten wir mit Houria Bouktab, Anabel Spring Garcia, Nelli Kornuschko und Amelia Prendel an. Houria und Anabel haben schon einige Erfahrungen bei den Jugendmannschaftsmeisterschaften U10 und U12 gesammelt, für Nelli und Amelia sind es die ersten Mannschaftsmeisterschaften außerhalb des Schulschachs. Es gibt keine klare Zielsetzung, aber Hoffnungen auf den U12 Titel macht sich dieses Team schon. Außerdem stellt die Wilhelm-Neuhaus-Schule zwei Zweierteams im Girls-Cup. Beide Teams schneiden gut ab, aber die Einzelheiten weiß ich da nicht so genau, da wird die WNS vermutlich aber berichten.

Nach der Ankunft läßt ein Blick auf die Teilnehmerliste so manche Träume und Hoffnungen platzen: Die HMWJ 2025 ist die am besten besetzte HMWJ die jemals stattgefunden hat. Die Elite des hessischen Mädchenschachs mit sämtlichen Kaderspielrinnen ist hier versammelt: Offenbach U20w tritt mit Buchholz (2017), Werner (1990), Neininger (1891) und Milman (1652) an. Bad Homburg U18w an den ersten 3 Brettern mit Bezsonna (1972) von Beck (1799) und Rotärmel (1699). Bad Homburg U14w mit Huang, Jasmin (1795), Wolf, Helena (1604) und Xu (1484). Rotenburg mit Dedic (1657) als Gastspielerin aus Kassel an Brett 1. Selbst die jüngeren Teams: Bad Homburg U12w mit den Kaderspielerinnen Huang, Flora (1653), Wolf, Aurelia (1320) und Kotliarova (1197). Hofheim U12w mit Niguyen (1563) am Spitzenbrett. Bad Homburg U10w mit Lao (1595).
Was haben wir zu bieten? Eine U18 Mannschaft mit Alana als sehr talentierte Spielerin am 1.Brett (Die aber mit ELO 1649 bei dieser Spitzenbesetzung doch nur Durchschnitt ist) und weiteren Spielerinnen mit DWZ zwischen 1000 und 1200. Ein U12 Team mit 4 Spielerinnen ohne Wertungszahl, das nur in der U12 antritt, weil Houria ein paar Monate zu alt ist. Anabel ist noch U10 Spielerin, die Neulinge Nelli (Jahrgang 2016) auch U10 und Amelia (Jahrgang 2018) grade mal U8.
Zum Turnier: Unser U18 Team spielt gutes Schach. Alana gelingt es mit 5:3 Punkten im positiven Bereich zu landen. In der Endabrechnung reicht es leider trotzdem nur zum 6. Platz. Auch wenn es nicht im Ansatz zu einem Titel gereicht hat: Ihr habt gut gespielt, aber mehr war bei dieser HMWJ einfach nicht machbar.
Nicht unerwartet verliert unser U12 Team wesentlich mehr Partien als sie gewinnen können. Aber zunächst geht es darum Turniererfahrung zu sammeln und nach der Methode “Mühsam nährt sich das Eichhörnchen” hier und da ein paar einzelne Brettpunkte zu sammeln. Auch wenn wir das einzige Team ohne DWZ-Spieler sind und nach Altersdurchschnitt das jüngste Team sind (nach Altersdurchschnitt sogar jünger als das U10w Team aus Bad Homburg) , wollen wir uns doch zumindest nicht als leichtes Opfer präsentieren. Das klappt auch ganz gut. In Runde 5 gegen Bad Bad Homburg U10w klappt das besonders gut: Nelli gewinnt an Brett 3 und Houria kann am Spitzenbrett ihre Gegnerin Lao (Elo 1595) niederringen. Wir haben mit diesem 2:2 einen Mannschaftspunkt erkämpft!

Neben diesen einzelnen Brettpunkten, die wir eingesammelt haben, gab es für alle Spielerinnen einige beachtenswerte Momente, die leider nicht zu zählbaren Erfolgen geführt haben: So meinte eine Spielerin mit über 1800, es reicht wenn man gegen Houria einfach so vor sich hinspielt. Sie wird schon irgendwie ihre Figuren einstellen. Nein, Houria hält das Mittelspiel, wickelt ins Turmendspiel ab, spielt dieses sehr gut und tauscht nach und nach die Bauern… und verliert in einem Endspiel T+1 Bauer gegen Turm+1 Bauer durch Zeitüberschreitung. Eine andere Spielerin aus dem 1800er Bereich hat gegen Anabel in der Eröffnung leichtsinnig vor sich hin gespielt und dabei eine Leichtfigur eingestellt. Sie schafft es noch die Stellung zu verkomplizieren, so dass Anabel aufpassen muss. Anabel umschifft alle Klippen, kommt dann doch dazu langsam die Figuren zu tauschen um ihren Vorteil zu verwerten… stellt dann mit 30 sekunden auf der Uhr ihererseits eine Figur ein und verliert einige Züge später in ausgeglichener Stellung durch Zeitüberschreitung. Nelli konnte neben ihrem Sieg gegen Bad Homburg U10w noch einen weiteren Punkt einsammeln. Es hätte noch ein dritter werden können, aber auch sie überschreitet einmal in klarer Gewinnstellung die Zeit. Und dieser Spirit hielt bis zur letzten Runde an. In der Schlußrunde gegen Offenbach U20w opfert Amelia im Mittelspiel aus heiterem Himmel eine Leichtfigur für nur einen Bauern und Königsangriff. Ja, diese Opfer war objektiv nicht korrekt, aber es war auch kein Quatsch. Ihre Gegnerin musste schon richtig nachdenken und einige genaue Züge finden, bevor ihr König wieder in Sicherheit war und sie sich über ihrer Mehrfigur freuen konnte.
Bei der Titelvergabe bekommt der Gesamtsieger immer den U20w-Titel. Begründung: U20 bedeutet jünger als 20 Jahre. Sollte eine U18 oder U16 Mannschaft Gesamtsieger werden, ist diese Mannschaft ja logischerweise auch jünger als 20. Entsprechen bekommt der zweitplatzierte den U18- Titel. Es sei den es handelt sich um eine U20-Mannschaft, denn die wäre für den U18 Titel ja zu alt.
Aber Titel hin oder her. Bei der Siegerehrung geht es für uns um die Frage: Reicht unser Mannschaftspunkt gegen Bad Homburg U10w und die nach der Eichhörnchenmethode eingesammelten Brettpunkte um den letzten Platz zu vermeiden?
Bad Homburg U12w landet in der Endabrechnung mit ihren Kaderspielerinnen ganz weit vorne und holt sich den Titel U18w. Das kam nicht unerwartet. Dann haben wir ein klein wenig Glück: Hofheim U12w hat besser gepunktet als erwartet und holt sich den U14-Titel. Damit bleibt der U12w-Titel entweder für Bad Homberg U10w oder für uns…. Die etwas reißerisch gewählte Überschrift verrät es schon: Wir waren im Brettpunkte sammeln etwas besser und bekommen den Titel Hessenmeisterin U12w !!

Es bleibt die philosophische Frage: Ist dieser Titel verdient oder nicht?
Es ist völlig klar, dass die U12w-Mannschaften aus Bad Homburg und Hofheim erheblich besser waren als wir. Wir haben auch gegen beide in der direkten Begegnung verloren. Und auch gegen die U10w haben wir “nur” das 2:2 gehalten. So gesehen haben wir den Titel nur bekommen, weil sich die anderen U12-Teams höherwertige Titel gekrallt haben.
Andererseits war diese HMWJ unheimlich stark besetzt. Unsere U12 hat bis zur letzten Runde gekämpft und wirklich alles gegeben. Wie oft hab ich bei vorherigen HMWJs U12 Mannschaften gesehen, die wesentlich schlechter gespielt haben, sich gegen gute Mannschaften ohne Gegenwehr in ihr Schicksal ergeben haben und dann den Titel bekommen haben, weil sie die einzigen waren die jung genug waren? Ich habe auch so einige Mannschaften erlebt, die schlechter waren als unsere U18 und sich locker den U20-Titel geholt haben, weil einfach keine spielstarke Konkurrenz da war. Da stellt niemand diese Frage, es waren halt die besten anwesenden Mannschaften.
Letztlich muß diese Frage jeder für sich selbst beantworten. Für mich ist dieser Pokal einer der schwerstverdienten, den der SK Turm jemals geholt hat. Und die Mannschaft kann stolz sein auf diesen verdienten U12w-Titel und den Pokal !