Wie in der Hersfelder Zeitung vom 11.11.2024 zu lesen ist, spielt eines unserer jüngsten Schachtalente des SK Turm – Wilhelm Schimming – ab dem 15.11.2024 bei der Jugendweltmeisterschaft in Italien.
Wilhelm fährt dabei gut vorbereitet an die Adria. Der amtierende Bezirks- (U10) und Hessenmeister (U8) konnte im Oktober bei den Marburger Schachtagen erstmals ein für alle Altersklassen offenes Turnier ungeschlagen als zweitbester Teilnehmer der Altersklasse U18 beenden. (Details gibt es hier) Seine Turnierperformance lag hierbei bereits zum dritten Mal deutlich über 1.500 DWZ- bzw. auch erstmalig über 1.800 Elo-Punkten.
In Italien möchte der aktuell jüngste Spieler des hessischen Schachkaders gern an diese Leistungen anknüpfen. Das wird gewiss nicht einfach, denn neben 120 der besten U8-Spieler aus über 60 Nationen gilt es auch, die eigene Aufregung zu besiegen. Schließlich geht Wilhelm bei der WM das erste Mal im Nationaltrikot ans Brett. Wilhelm strebt deshalb auch keinen bestimmten Punktwert oder konkrete Platzierung an, sondern lebt das olympische Motto: Dabei sein ist alles!
Über den Turnierverlauf plant Wilhelm – sozusagen aus erster Hand – im unteren Bereich dieser Seite zu berichten und freut sich über Leser, Kommentare und Follower!
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Die Live-Übertragung haben wir ebenfalls verlinkt, den Ergebnisserver Chess-Results hier.
WM Bericht:
Runde 1: Verteidigung im Grenzbereich
Endlich geht es los! Am Freitag, dem 15.11.2024 startete das Turnier. Zum Auftakt bekam ich mit schwarz einen Gegner aus der Mongolei: Tegsthur Jamiyanoidovjamts.
Nach dem Shake Hands und Austausch von Gastgeschenken startete die Partie mit der üblichen Verzögerung einer ersten Runde. Schließlich müssen bei einer WM Nationalhymnen gespielt und Reden gehalten werden. Nach 14 Zügen Theorie im Najdorf-System, spiele ich mit 15 … Sc4 die erste Ungenauigkeit und komme in der forcierten Variante meines Gegners in Schwierigkeiten. Tegsthur ist optimal vorbereitet und stellt mit seinen Zügen zunehmend unangenehme Fragen, gegen die ich mich ein ums andere Mal verteidigen muss. Erst in Zug 33 spielt Tegsthur mit bxa3 einen gefühlt erlösenden ersten Fehler, der mir einen Zug Zeit zur Konsolidierung gibt. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch 17 Minuten auf der Uhr. Gespielt wird 90 Minuten + 30 Sekunden je Zug, allerdings ohne Bonuszeit nach dem 40. Zug! Teghturs Uhr steht noch bei über einer Stunde. Ich habe also endlich eine ausgeglichene Stellung, dafür aber ein sehr konkretes Zeitproblem.
Der Rest der Partie bot ebenfalls noch einige spannende Situationen. Mit Blick auf die Zeit und Vorbereitung für das nächste Spiel möchte ich aber zum Ergebnis kommen: In Zug 48 erreichte ich mit 6 Minuten Zeit auf der Uhr eine dreifache Zugwiederholung. Da Tegsthur noch 62 Minuten verbliebene Zeit hatte, verbuche ich diesen Auftakt als Erfolg! Das erste Remis bei einer Weltmeisterschaft! Weiter geht es heute mit weiß gegen Great Boyou Lau aus Neuseeland …
Runde 2: Fehleinschätzung
Manchmal entscheidet man sich in Schlüsselmomenten für die falsche Idee. Mit den Konsequenzen muss man nicht nur im Schach leben und das Beste daraus machen. Gegen Great Boyou Lau war ein solcher Moment. Lg5 mit der Idee meine Springer über d5 und b5 zu aktivieren und den Druck gegen c7 zu maximieren. Leider habe ich dabei im 8ten Halbzug c6 vollkommen übersehen. Ein vermeintlich einfacher Rechenfehler, der aber eben auch vorkommen kann …
Nachdem ich es bemerkte, setzte ich auf aktives Gegenspiel. Turm plus Bauer gegen zwei Leichtfiguren kann funktionieren, insbesondere wenn exd5 mit Tempo gegen die Dame kommt. Mein Gegner konnte diese Annahme widerlegen, vielleicht hatte er aber auch nur keine andere Wahl. Die Engine gibt ihm auf jeden Fall recht und der Sieg für Great Boyou Lau war dann auch absolut verdient.
Für das deutsche Team lief es in großen Teilen nicht besser. Sowohl Arian (aktuell Nummer 1 der deutschen Rangliste) als auch Aadith (Deutscher Meister) verloren ihre Partien an den Nebenbrettern. Arian sogar gegen meinen Erstrundengegner. In Runde 3 wollen wir das Ruder herumreißen. Jeder von uns möchte seinen Anteil dazu beisteuern.
Allerdings starte zumindest ich mit einem kleinen Nachteil. Das armenische Team rund um meinen Gegner Sos H. Hakobyan kennt und analysiert mein Spielsystem. Im deutschen Team gibt es leider keine besonders aufschlussreichen Daten für meinen Gegner. Es gilt also einen gut vorbereiteten weißen Gegenspieler mit scharfen Varianten zu erwarten und sich zumindest zu Beginn auf eine Abwehrschlacht einzustellen. Ein Remis wäre unter diesen Voraussetzungen ein Erfolg und auch bei einer Niederlage gilt es, nicht die Nerven zu verlieren. Das Turnier ist noch lang …
Runde 3: Taktik, Taktik, Taktik
Sos H. Hakobyan ist vorbereitet, das merkt man. Mein Abspiel ist allerdings ebenfalls etwas ungewöhnlich. In Kombination ergibt sich aus meiner Sicht eine sehr interessante aber auch komplexe Situation. Im 5 Zug investiere ich 20 Minuten, mir einen guten Plan für einen strategischen Aufbau zu überlegen. Mein Gegner antwortet schnell und entwickelt einen vermeintlich zu einfachen Plan, mich bereits in Zug 9 in Schwierigkeiten zu bringen. Was er dabei übersieht, ist zumindest aus der Perspektive von schwarz eine taktisch ästhetische Zugabfolge. Lh6 – mit dem Wunsch Lxh6 als Antwort (grün) – schwächt d4, was bei zu hektischem Spiel allzu schnell übersehen wird. Meine Antwort in rot …
Nach 10. Sge2 kann ich meinen Plan sogar noch verbessern …
In diesem Fall gebe ich meinen schwarzfeldrigen Läufer gern und entschließe mich zu einer taktischen Kombination 10 … Lxh6, 11. Dxh6, Sc2+ 12. Kd2, Sxa1 …
… und die Stellung fühlt sich gewonnen an. Einziges Problem ist die Zeit! Nach 13. … Db6 stehe ich bei 37 Minuten auf meiner Uhr, mein Gegner bei knapp 1 Stunde und 28 Minuten. Hier gilt es Nerven und Ruhe zu bewahren und die Stellung zügig zu vereinfachen ohne taktische Gegenschläge zu erlauben. Klingt einfach, kann sich bei solch einem Turnier aber so schwer anfühlen …
Trotz aller Anspannung gelingt es mir gut, so dass ich nach 3 Stunden den ersten Sieg bei einer Weltmeisterschaft feiern kann! Ein toller Moment, der noch ein Stück schöner dadurch wird, dass auch Aadith am Brett neben mir, einen Punkt für das deutsche Team einfährt! So entwickelt sich Teamspirit!
In Runde 4 gilt es für mich gegen die Nummer 20 der FIDE Weltrangliste Kai Zhou Lan aus der USA alles zu geben. Ich bin deutlicher Außenseiter! Es gibt also nichts zu verlieren, maximal zu lernen …
Runde 4: “Nichts ist schwerer als eine gewonnene Stellung zu gewinnen …”
… sagt eine alte Schachweisheit! Seit gestern fühle ich warum!
Es war eine der besten Partien meiner – zugegeben noch jungen – Karriere. Das aber auch dank eines Gegners, der aufopferungsvoll und kreativ verteidigte und ein ums andere Mal den schmalen Grat zwischen Verteidigung und eigener Figurenaktivität fand. Zahlreiche “einzige Züge” mussten wir beide finden, bis mir nach 3 Stunden Spielzeit in gewonnener Stellung, für einen kurzen Augenblick die Konzentration fehlte und ich meine Intuition nicht kritisch genug hinterfragte. Aber der Reihe nach …
Es ist ca. eine Stunde gespielt als mein Gegner in Zug 11. mit … exd4 den ersten Fehler begeht und mir die folgende Kombination ermöglicht (grüne Pfeile für weiß, rote Pfeile für schwarz):
Nach 12. Se6 De7 13. Sxf8 dxc3 14. Sxd7 cxb2 15. Lxb2 Lxb2 16. Tb1 … sehe ich zwar nicht die beste unter den theoretisch möglichen Kombinationen (13. Sb5!), wohl aber einen recht sicheren Weg zu einer vorteilhaften Stellung! Diesen Weg schlagen wir beide ein und sind uns bzgl. der Kombination einig! Stockfish gibt mir recht, dass diese Stellung sehr vorteilhaft für weiß ist, bis zum Sieg ist es hier jedoch noch ein weiter Weg!
Nach 16. … Lg7 wähle ich die zweitbeste Fortsetzung und spiele 17. Lxc6 mit der Idee … bxc6 18. Tb8, Txb8 19. Sxb8. Die unten angefügte Variante mit erzwungenem Einschub von Kh8 wäre noch etwas präziser gewesen.
Im Anschluss findet mein Gegner erstmalig mit 19. … De4 den einzigen Weg diese Stellung für schwarz mit nur leichtem Nachteil fortzusetzen.
Die Stellung ist zu diesem Zeitpunkt für beide Seiten höchst anspruchsvoll zu verstehen. Sb8 von weiß ist ein Problem, Lc8 von schwarz ebenfalls. Mein Gegner behandelt die folgende Passage des Spiels trotz aller Komplexität zu 100% perfekt und nutzt kleinere Ungenauigkeiten meinerseits erneut die Oberhand zu gewinnen, bis ihm nach zwei Stunden eine Fehleinschätzung unterfährt, die es mir gelingt zu widerlegen:
26. … Lxg3 funktioniert eben nicht, da (wie in der Partie gespielt) 27. Dd3, Lxa2 28.) Sd7 Lxh4 mit 28. Txc5 widerlegt wird. Mit dieser Abfolge gewinne ich nach 28.) … Le6 das zweite Mal die Oberhand und spüre, dass ich hier einen Gegner aus der erweiterten Weltspitze am Rande einer Niederlage habe.
In den folgenden Zügen verbraucht mein Gegner seine gesamte Zeit während ich meine Stellung sukzessive verbessern kann. Nach drei Stunden ist es soweit. Nach 33. Tb8+ hätten nicht wenige Erwachsene und erst recht U8 Spieler die Hände geschüttelt und den Sieg für weiß anerkannt.
Nicht jedoch mein Gegner. Was die Engines nur mit einem müden Lächeln würdigen, ist für einen Menschen nach drei Stunden geistiger Beanspruchung keine einfache Frage. Wie hält man einen Randbauern auf, wenn die eigenen Figuren zur Bewegungslosigkeit gezwungen werden? Nach 33. … Kf7 34. Sf5+ Kg7 35. Sc6+ meine ich abwickeln zu können und einen Turm für zwei Bauern zu haben. Das ist auch absolut korrekt! Nur leider erkennt mein Gegner, dass in der Zugabfolge für den Springer auf a5 keine Felder zur Verfügung stehen?! Schach kann so unergründlich tief und komplex sein!
Auch wenn ich es mir nach drei Stunden konzentriertem Rechnen selbst nicht so recht glauben mag, ist auch diese Stellung immer noch gewonnen, aber eben nicht trivial. Hier kommt dann auch mein entscheidender Fehler. Anstatt die letzten Kräfte zu mobilisieren einen präzisen Plan zu errechnen, mit welchem ich meinen Gegner endgültig zu Boden ringe, verlasse ich mich auf die Zeit. Schnell, natürlich und intuitiv gegen einen Gegner mit nur noch 3 Minuten auf der Uhr zu spielen, reicht in der Regel. Wie ich lernen musste, jedoch nicht gegen einen Spieler der Top 20 der Weltrangliste, der in einer solchen Situation nichts, aber auch gar nichts mehr zu verlieren hat. Was folgt ist gefühlt eine der ganz schweren Niederlagen für einen Schachspieler, die kurzfristig sehr schmerzen, aber langfristig vielleicht auch notwendig sind, um selbst den nächsten Schritt in Richtung Weltspitze machen zu können. Heute hat es nur für drei Stunden auf Augenhöhe gereicht, bei unserem nächsten Aufeinandertreffen möchte ich auch die “Nachspielzeit” in der gleichen Qualität bestreiten können. Ich freue mich schon heute darauf!
Morgen wartet auf mich der unter Fide-Flagge startende Mihail Grinuk aus Russland. Die Partie heute wird eine Hypothek sein. Dennoch werde ich meine Chancen erneut suchen!
Runde 5: Mit schwarz auch im dritten Spiel ungeschlagen!
Nach einer schweren Partie gestern, galt es heute die Nerven zu behalten. Bereits vor der Partie wusste ich recht sicher, dass mich entweder ein Orang-Utan oder das Londoner System erwartet. Letzteres kam dann auch aufs Brett.
Nach 10 schnellen Zügen Theorie bietet sich mir eine Angriffsidee: Kh8 gefolgt von Sg8, Sb6 und f5. Ein möglicher Doppelbauer auf der b-Linie stört mich dabei nicht. Schließlich bekomme ich dafür die halboffene a-Linie.
Dieser Aufbau funktioniert wie geplant und mein Gegner tut mir in Zug 16 den Gefallen mit exf5 einen Angriff zu ermöglichen. 16. … e4 17. Sd4 e3 18. fxe3 Dxe3+
Nach einem weiteren 19. Se2 meines Gegners bewertet Stockfish diese Stellung als großen Vorteil für mich! Die Vorteilsverwertung ist allerdings nicht trivial. Anstelle des intuitiven Zuges Lxf5 entscheide ich mich (insbesondere nach der Erfahrung aus der Vorrunde) für einen konkreten Angriff mit Td8! Meine Berechnung ist: 19. … Td8 20. Td1 Lh6 gefolgt – je nach Verteidigung meines Gegners – von einem später möglichen … Txd2 22. Txd2 Dxd2
Die Abwicklung erfolgt dann jedoch etwas anders als erwartet: Nach 19. … Td8 20. Td1 Lh6 21. Sf3 Txd1 22. Dxd1 Lxf5 hat weiß eine letzte Rettung 23. Dd4!
Mihail Grinuk spielt einer Weltmeisterschaft gebührend stark und findet diese letzte Verteidigungsressource. Im Anschluss kommen wir nach weiteren 27 Zügen in einer weitestgehenden Remisstellung zu einer dreifachen Zugwiederholung.
Resümierend bleibt festzuhalten: Ich hatte mit schwarz einen Angriff, mein Gegner hat stark verteidigt und wir haben im Anschluss beide mit Vorsicht und Augenmaß die Stellung positionell Remis gehalten.
Morgen ist die 6. Runde: Der letzte Tag vor dem Ruhetag. Ein erster 1/2 Punkt mit weiß gegen den griechischen U8 Vizemeister Stylianos Kakagiannis wäre ein Erfolg, auf dem ich in der zweiten Turnierhälfte weiter aufbauen kann.
Runde 6: Wenn man sicher spielen will, ist es schwer zu gewinnen! Ein Remis gegen Griechenlands Vizemeister …
Der Plan gegen den griechischen U8 Vizemeister sah vor, erstmals mit Weiß zu punkten! Nicht leicht gegen einen Gegner solchen Formats. Es galt also einen ruhigen Aufbau zu wählen und positionelle Chancen zu erarbeiten.
Leider gibt es dabei zwei zentrale Probleme: 1.) den Gegner und 2.) es erfordert lange Zeit 100% Präzision in den eigenen Zügen, meist in komplexen Stellungen. Nicht leicht, wenn man rein biologisch noch keine 10 Jahre Schacherfahrung haben kann.
Zu 1.) lässt sich sagen: Stylianos war – wie nicht anders zu erwarten – sehr gut vorbereitet! Er kannte die Stellungstypen und wusste die richtige Handhabung.
Zu. 2.) lässt sich sagen: Ich spielte eine hohe Präzision, aber eben keine 100% und so lässt sich die Partie recht schnell als “langweiliges Remis” charakterisieren. Insofern gibt es keine Bilder, aber ein Resümee:
Es geht in den Ruhetag mit dem ersten halben Punkt mit Weiß! Aus 6 Partien gegen die weltbesten Spieler konnte ich 4x ungeschlagen vom Brett gehen! Für mein Motto mit dem ich nach Italien kam: “Dabei sein ist alles!” ist das bereits sehr erfolgreich! Ab Freitag werde ich in den letzten Runden nochmal alles in die Waagschale werfen und möchte noch den ein oder anderen halben und vielleicht auch noch ein zweites Mal einen ganzen Punkt sichern. Ich freue mich darauf …
Ruhetag: Erste U8-Weltmeisterschaft im Problemschach!
Um Schach mit einem gewissen Maß an Professionalität zu betreiben, muss man nicht nur das Spiel an sich lieben, sondern auch ein klein wenig verrückt sein. Somit stellt sich gar nicht erst die Frage, was ein Schachspieler an einem Ruhetag einer Weltmeisterschaft macht! Natürlich spielt er eine Weltmeisterschaft, allerdings nicht im Schach (da ist schließlich Ruhetag) sondern im “Problemschach“.
Diese Möglichkeit hatte ich heute! Erstmalig wurde in Montesilvano, das Format des Problemschachs auch für U8-Kinder als Weltmeisterschaft ausgespielt. Wobei “spielen” vielleicht das falsche Verb ist. Problemschach gleicht eher einer Matheolympiade. Man bekommt 60 Minuten Zeit möglichst viele, altersgemäß extrem schwere Schachaufgaben richtig zu lösen. Eine Herausforderung an der ich mich liebend gern versuchen wollte.
Das wichtigste Resümee zuerst: Es hat mir sehr großen Spaß bereitet und war eine willkommene Abwechslung zur Halbzeit des Turniers!
Das zweite Resümee direkt hinterher: Es war auch erfolgreich, zumindest nach dem Maßstab, den ich mir bei einem ersten Versuch gesetzt habe. Aus dem Teilnehmerfeld der 45 Kinder konnte ich den geteilten 16. Platz, als zweitbester der vier deutschen Teilnehmer erreichen. Das Ergebnis habe ich hier hinterlegt:
Sollte ich nochmals die Gelegenheit bekommen, an einem solchen Wettkampf teilzunehmen, werde ich diese gern erneut ergreifen.
In Runde 7 geht es heute gegen keinen geringeren als den U8-Landesmeister der Schachnation Georgien, Alexandre Berishvili. Ich erwarte einen gut vorbereiteten Angriff, den ich nach Kräften mit Schwarz verteidigen werde …
Runde 7: Höchstleistungen sind nie selbstverständlich, schon gar nicht unter dem Druck der eigenen Ansprüche …
Heute hatte ich mir vorgenommen mit dem Tempo und Rückenwind des Problemschachergebnisses aus dem Ruhetag durchzustarten. Auf Georgiens Meister war ich vorbereitet und wollte mit Schwarz auf Sieg spielen.
Aktuell geht es mir bei meinen Partien allerdings so, wie vielen guten Sportlern auf lang vorbereiteten Großereignissen. Seien es Fußballer bei einer WM, Schwimmer oder Leichtathleten bei Olympia. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. In der Vorbereitung läuft gefühlt alles, im entscheidenden Moment nicht allzu viel. Dabei ist das Problem selten der Gegner. Mehr steht man sich selbst im Weg. Unter diesem Druck will man es dann erzwingen und verliert die eigene Lockerheit und Automatismen. Das bringt das erfolgreichste System ins Wanken. Seit der unglücklichen Niederlage in Runde 4 kämpfe ich dagegen an. Nicht wegen der Ergebnisse, das es hier nicht viel zu gewinnen gibt, war mir vorher bewusst, schließlich war die Qualifikation bereits ein großer Erfolg! Eher wegen der Art und Weise meines eigenen Spiels. Noch läuft das nicht in jeder Runde in der gewohnt zuverlässigen Form. Das verunsichert und kostet Selbstvertrauen. …
Konkret war es heute ganz einfach der falsche Plan! Nach 20. … Da5 21. Lxg7, Kxg7 ist die Stellung unverändert im Gleichgewicht und ich habe mindestens 15 Minuten Vorsprung auf der Uhr. (rote Pfeile für Schwarze Züge / grüne für Züge mit Weiß)
Die Chancen dem Gegner in solch einer Struktur schwierige Fragen zu stellen und das Remis zu halten sind gut. Stattdessen drehe ich aber die Zugfolge, was meine Stellung sehr konkret und forciert zusammenbrechen lässt.
Auf 20. … Lxh6 21. Dxh6 verliert Da5 unmittelbar durch 22. Sd5 mit Akzentuierung der Felderschwächen e7 und f6. Dd8 ist ein Versuch der Verteidigung von Stockfish, den Weiß aber dennoch recht intuitiv widerlegen kann. Ohne Mehrmaterial steht mein Gegner allein durch die sich ergebende Dynamik einen Turm besser. Alexandre Berishvili findet und spielt diese Zugfolge schnell und mir bleibt nichts anderes übrig als die Partie verloren zu geben und Kräfte zu schonen.
Eigentlich würde einem der Trainer nach einem solchen Erlebnis einen Aufbaugegner verordnen. Problem nur: Aufbaugegner gibt es bei einer WM leider nicht!
Morgen geht es in Runde 8 gegen die Nummer 1 aus Chile. Stjepan Antonio ist zwar kein Topspieler aus der Weltrangliste, konnte aber bereits in Runde 4 meinem Freund und deutschen Meister Aadith ein Remis abringen. Ein Kunststück, das in zahlreichen Turnieren im gesamten Jahr 2024 nur zwei deutschen U8 Kindern gelungen ist. Das zeigt, wie unfassbar hoch die Messlatte hier liegt. Wie aber auch gestern, liegt der Schlüssel der Partie in mir selbst und nicht in meinem Gegner. Auch wenn es morgen unwahrscheinlich ist zu gewinnen, möchte ich mein Spiel im Vergleich zu Runde 8 verbessern. Darauf allein kommt es an …
Runde 8: Fehlerfrei und positionell zurück zu alter Stärke
Nach dem Verlauf von Runde 7 war es heute wichtig wieder zurück in den Turniermodus zu finden. Bereits vor der Partie war klar: Gewinnen wird äußerst anspruchsvoll. Es ging insbesondere darum überzeugend zu spielen und mit Ruhe und Geduld auf Fehler des Gegners zu warten. Die braucht es im Schach, wenn man als Sieger vom Brett gehen möchte. Die Grundstellung ist schließlich Remis.
Für die Partie gegen Acuna Stjepan Antonio Vrsalovic entschied ich mich, bei der englischen Eröffnung zu bleiben. 1. c4 … ist nicht unumstritten im Kinder- und Jugendschach und die Argumente dagegen sind absolut valide. Trotzdem erschien es mir heute klug, gegnerische Fehler mit einem positionellen Ansatz zu provozieren. Es ging schließlich auch ums eigene Selbstvertrauen und mit diesem positionellen Stil konnte ich insbesondere bei der hessischen Meisterschaft die ungefährdetsten Erfolge sicher stellen. Allerdings war nach drei c4 Partien in Folge eine Sache auch klar: Mein Gegner würde auf 1. c4 vorbereitet sein.
Bereits in Zug 8 habe ich deshalb 40 meiner 90 Partieminuten verbraucht, fühle mich aber wohl dabei. Der Schlüssel dieser – selten zu 100% vorzubereitenden Stellungen (die Abspiele sind zu vielfältig!) – ist es, das sich ergebende Thema richtig zu interpretieren. Nach 8. … e5 meines Gegners wird mir klar, Raumvorteil für Weiß muss das Thema des frühen Mittelspiels sein. Nach 9. d5 Sd4 10. Le3 versucht sich mein Gegner mit c5 zu befreien. Ich nehme en passant und stehe mit kleinem aber soliden Vorteil angenehm.
Was folgt ist ein Kampf um die c-Linie, die ich mir aber nicht mehr nehmen lasse, um in der Folge einen Angriff gegen b7 starten zu können. Zwar fehlt mir dazu zunächst der gewohnt starke katalanische Läufer auf g2, aber was die Stellung strategisch nicht hergibt muss man eben taktisch vorbereiten. Nach dem letzten Versuch von schwarz auf der c-Linie dagegen zu halten, überreizt diesmal der Gegner und gibt mir mit 21. … Tc8 die Möglichkeit einen entscheidenden taktischen Schlag einzuleiten. 22. Txc8 Lxc8 23. Lxa6
Nach einer kurzen Zugfolge und versuchtem Gegenspiel von Schwarz kann ich die Partie erfolgreich abwickeln.
Auf 28. … De1+ folgt 29. Lf1 Sd7 30. Lf2 Dxf1+ 31. Kxf1 Sxb6 32. Lxb6 und ich komme in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern.
Eine gute letzte Idee meines Gegners! Endspiele mit ungleichfarbigen Läufern sind trotz Mehrbauern häufig Remis. Technisch sind am Ende aber drei Mehrbauern mindestens ein Mehrbauer zu viel und mein Gegner entscheidet sich nach 47 Zügen, Kräfte für die nächste Runde zu sparen.
Unterm Strich bestätigt Stockfish heute meine Entscheidungen. 96% Präzision bei meinen Zügen, 91% bei meinem Gegner. Zwei für die U8 herausragende Werte, wobei man erwähnen muss, dass es entscheidend hierfür war die Stellung aus weißer Sicht geradlinig halten zu können und kein komplexes Gegenspiel zuzulassen.
Es war also eine Partie auf Augenhöhe, in der sich mein System ausgezahlt hat.
Die Pflicht ist erfüllt: Ich konnte mit beiden Farben Siege und Remis auf dieser Weltmeisterschaft erringen. Es verbleiben drei Runden für die Kür …
Runde 9: Mit ganz viel Selbstbewusstsein und guter Vorbereitung einen wilden Schlagabtausch gewinnen können
Gestern schreibe ich darüber, wie man mit Bedacht und Überlegung eine Stellung positionell und prophylaktisch verwertet. Heute habe ich eine vollkommen andere Seite von mir zeigen können. Wenn das Selbstvertrauen zurück ist, kann ich beides! Aber der Reihe nach:
In Runde 9 spielte ich gegen Olivers Smilga den U8 Vertreter Lettlands bei dieser WM. Die Partie habe ich – wie immer – über mehrere Stunden vorbereitet. Das ist nicht jedes Mal von Erfolg gekrönt. In manchen Partien weichen Gegner sehr früh aus der Theorie. Dieses Mal aber nicht! Ein großer Dank geht an dieser Stelle an Florian, der mich bei dieser WM Partie für Partie auf jeden Gegner einstellt!
Die Eröffnung von Runde 9 kann ich im Grunde blitzen und gewinne sogar Zeit auf der Uhr. Bereits in Zug 7 möchte Olivers meinen Sf6 fesseln. Ein intuitiver Zug, aber bei genauer Betrachtung eine Ungenauigkeit in dieser Struktur! 7. … Db6 ist meine vorbereitete Antwort, mit welcher ich sowohl gegen b2, als auch gegen f2 Druck entwickeln kann. 8. Lxf6 funktioniert übrigens nicht und ist keine Drohung von Weiß, da 9. … Lxf2+ 10 Kd2 De3 schlicht und ergreifend Matt wäre. Das erkennt Olivers natürlich und antwortet mit 8. Lh4, um f2 ausreichend zu decken.
Allerdings bin ich an dieser Stelle noch im Buch und antworte mit 8. … Sg4!
Nach 9. Sd4 von Weiß bin aber auch ich aus meiner Vorbereitung! Die Stellung ist taktisch komplex und für uns beide nicht mehr vollständig zu überblicken. Meine Antwort 9 … Lxd4 gibt Weiß mit 10. Dxg4 Gegenspiel. So kam es auch in der Partie! Besser ist 9. … exd4 10. Sd5 Dh5+! (siehe Schaubild unten)
Allerdings war das weiße Gegenspiel nur von kurzer Dauer. Olivers begeht den Fehler, die Stellung um 180 Grad drehen zu wollen, anstatt sie “nur” ins Gleichgewicht zu bringen. Er droht nach 11. Tb1 Dxc3+ 12 Kd1 g6 13. Dg5 Matt auf d8 und e7. Diese Drohung erkenne ich frühzeitig, ebenfalls meine Antwort: 13 … Sc6 deckt beides und entwickelt zugleich ganz natürlich eine Figur. Drohung abgewehrt!
In der Folge habe ich zwar mehr Material, Weiß aber einen Angriff. Bevor ich die nächsten Schritte unternehmen kann, muss ich meine Stellung zunächst konsolidieren. Um dies zu bewerkstelligen überführe ich meine Dame sukzessive zurück nach d8. Defensivarbeit ist gefragt!
Nach 17 Zügen ist der Druck gegen meinen König immens. In dieser Situation halten nur zwei Züge meinen Vorteil. 17. … d5 oder Tf8. Ich entscheide mich für die aktive Verteidigung: 17. … d5! 18. Lxd5 Lg4 19. Lxf7+ und stelle meinen König auf d7 auf. Es mag ungewöhnlich aussehen, aber Stockfish gibt mir recht und findet auch mit Rechenpower aus der Cloud keine Widerlegung.
Nach 20. … Lxf3+ 21. gxf3 Df8 hat Weiß mit 22. Dh3+ ein letztes Schach, bevor mein König sich nach c7 stellt und ich erneut die Initiative dieser Partie ergreifen kann. Der Staub hat sich gelegt.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich 9 Minuten! meiner Zeit verbraucht. Auf die Frage meines Vaters (oder jedes anderem beliebigen Beobachters), ob ich all diese Varianten während der Partie in dieser kurzen Zeit wirklich vollständig überblicken konnte, kann ich nur sagen, dass ich den Fokus auf die relevanten Linien gelegt habe. Wenn man Hunderte Kasparov Partien wieder und wieder nachgespielt hat, weiß man einfach ganz intuitiv wo es hinzuschauen gilt.
Nach dem letzten Fehler meines Gegners 23. Lxh8 folgt Dxf7 24. f4 Txh8 25. fxe5 Lxe5 26. f4 Td8+ und mein Gegner gibt auf.
Stockfish sagt Schwarz gewinnt durch Matt in 14 Zügen. Wer rechnen möchte, kann sich gern versuchen. Das wären an dieser Stelle zu viele Pfeile:
Runde 10: Manchmal ist es besser nichts zu tun!
Was allen Menschen schwer fällt, können auch Schachspieler nicht leicht ertragen. Es gibt Situationen, in denen man unter Druck steht und trotzdem nicht in Aktionismus verfallen darf. Das habe ich heute gelernt. Aber vom Anfang …
In Runde 10 eröffne ich gegen Peizhi Gu aus China das fünfte Mal 1. c4. Auf Basis meiner Informationen über Peizhi erwarte ich e6 als Replik und habe mich sehr gut auf eine positionelle Partie eingestellt. Mein Gegner ist ebenfalls vorbereitet und spielt das erwartete System, mit einer kleinen Abweichung zu meiner Vorbereitung. 4. … c6 halbslawisch anstatt c5 oder Lc7 wie von mir erwartet.
In der Folge verläuft die Partie bis Zug 16 als positionelles Abtasten. Weder mein Gegner noch ich begehen erwähnenswerte Fehler oder Ungenauigkeiten. Vielmehr regiert Vorsicht und gegenseitiger Respekt. Keiner von uns möchte die Stellung überreizen. Vermutlich hatte keiner von uns beiden besonders viel Erfahrung mit einer solchen Struktur.
Das erste Problem bekomme ich nach 16. De2. Se4
Wie so oft in diesen Stellungen führt langes Nachdenken – ich habe 20 Minuten in Zug 16 investiert – zu Problemen. Man vertieft sich in Details, sieht Gespenster und verliert den Überblick zwischen wichtigen und unwichtigen Stellungsdetails zu unterscheiden. Die schwarze Stellung erscheint aufgrund der Ansammlung der Figuren auf der Grundreihe passiv, so dass ich denke Zeit zu haben. Dies ist aber nicht der Fall!
Meinem Gegner geht es mit der Stellungsbeurteilung jedoch nicht besser: Nach 18. … f5 ist die Stellung wieder im Gleichgewicht. Sein Lc8 fühlt sich mit Blick auf den eigenen Bauern überflüssig, zumindest, wenn ich f4 als Antwort finde …
Stockfish gibt der Stellung nach 18. … f5 eine annähernd ausgeglichene Bewertung, aus weißer Sicht fühlt es sich am Brett aber nicht so an! Ich fühle mich mit Raumnachteil unter Druck und plane deshalb einen Befreiungsschlag. Ich möchte den starken schwarzen Springer auf e4 abtauschen. Jedoch ist genau das der entscheidende Fehler!
Zwar ist der schwarze Springer auf e4 keineswegs angenehm, aber ein schwarzer f-Bauer auf e4 in Verbindung mit einem entfesselten weißfeldrigen schwarzen Läufer ist ein für Weiß nicht mehr lösbares Problem.
Korrekt wäre an dieser Stelle bspw. der folgende Befreiungsschlag: 21. f4 g5 22. Sc4 dxc4 23. Lxe4 fxe4 24. Dxc4+ […] . Aber wer möchte bei einer WM in einer solchen Position freiwillig eine Figur opfern?! Stockfish mag das noch viele Züge weiter rechnen können, für einen Mensch mit 18 Minuten verbleibender Zeit ist das nicht ohne Weiteres möglich.
Nach dem von mir selbst forcierten Abtausch 20. Sdxe4 …, ist meine Stellung dann auch nicht mehr zu retten. In der Konsequenz werde ich in den folgenden 17 Zügen am Königsflügel ohne Möglichkeit auf Gegenwehr besiegt. Das lies sich in dieser Tiefe nicht mehr vorausberechnen sondern eben nur abstrakt erahnen. Dafür fehlte mir in Zug 21 Intuition und Erfahrung.
Es bleibt die Erkenntnis, das Nichtstun manchmal eine Handlungsoption sein kann, auch wenn es nicht in meiner Natur liegt! Besser ist es in Zukunft Stellungstypen zu provozieren, bei denen mein Gegner diese schwere Entscheidung zunächst für sich erkennen und dann richtig beurteilen muss!
Morgen geht es in der letzten Runde mit schwarz gegen den Vertreter Kirgistans: Akbar Azybaev …
Runde 11: Die letzte große Schlacht dieser WM für mich entscheiden können
In Runde 11 hieß es das letzte Mal alle Kräfte zu sammeln, innere Ruhe zu finden und meine Konzentration noch einmal für drei bis vier Stunden hoch halten. Keine einfache Aufgabe am Ende meines ersten 11 Runden Turniers, aber es ist wie in fast jedem Turnier: Die letzte Runde entscheidet über die Erfolgsbilanz! Und auch wenn ich eigentlich “nur” dabei sein wollte, so bestand doch die Möglichkeit mit einem Sieg die “magischen” 50% der Punkte zu holen. Diese Gelegenheit bekommt man auf einem solchen Level nicht oft im Leben …
Und so entschied ich mich, die letzte Runde im ursprünglichsten Stil Kasparovs zu spielen: Najdorf! Das schöne an diesen Varianten ist, dass man mit Schwarz auf Sieg spielen kann. Die Schwierigkeit ist, das jeder Zug zu 100% sitzen muss. Die Varianten sind zweischneidig und gefährlich für beide Seiten.
Mein Gegner weiß was er tut: 6. Lg5 e6 ist für schwarz aufgrund des Raumnachteils immer etwas unbequem. Nach 7. f4 Sbd7 8. Df3 Dc7 spielen wir schnell. Diese Varianten spielen die Großmeister und die Datenbank kennt noch 1.400 solcher Partien. Nach 9. g4 bin ich aus dem Buch! Stockfish möchte mit b5 (blauer Pfeil im Diagramm unten) am Damenflügel kontern, ich entscheide mich für h6, bis auf zwei Zentibauern ebenfalls präzise.
Mein Gegner entscheidet sich darauf hin für einen Abtausch auf f6. 10 Lxf6 Sxf6 und setzt aggressiv mit g5 fort! Das ist auch der Schlüsselmoment! Als Schwarzspieler fühlt man sich schnell unter Druck. Als erfahrener Najdorfspieler weiß man aber: Die halboffene h-Linie zu bekommen – auch wenn der Springer zurück nach d7 weichen muss, ist meist ein Vorteil!
In der Folge muss Weiß zurückweichen und ich bekomme in Zug 15 die erste Taktik: 15 … Lxg5 kann nicht mit hxg5 erwidert werden. Der Turm auf h1 hängt.
Dennoch entscheide ich mich dagegen und spiele Sg6 um Weiß prophylaktisch Raum und Möglichkeiten zu nehmen. Stockfish kann das widerlegen, mein Gegner nicht. Die Variante, die ich sehe kommt auch aufs Brett: 16 … Sg6 17. Dg4 Dd8 18. Lg2 Ld7 19. O-O-O Txh4 mit Tempo!
Es folgt 20. Dg3 Lxg5+ 21. Kb1 … Stockfish möchte danach mit Lf4 fortsetzen (blauer Pfeil) was mir am Brett zu gewagt erscheint. Ich entscheide mich in überlegener Stellung zu konsolidieren und Spiele Le7 zurück. In solche einer wichtigen Partie gilt es nichts zu überstürzen. Die Stellung ist gewonnen, das spüre ich! Jetzt gilt es die Nerven zu behalten und trotz Herzklopfen und feuchten Händen die Ruhe zu bewahren …
So wickle ich die Stellung Zug um Zug ab, bis sich mein Gegner in Zug 29. für den finalen Gegenschlag positioniert hat! Die Variante ist immer noch komplex. Ein langsamer Zug und die Stellung von Schwarz fällt, trotz theoretisch großem Vorteil. Der folgende Königsmarsch ist mein Plan und in meinen Augen die sicherste Variante die Stellung zu vereinfachen. 29. Sf5 Dxf2 30. Txf2 (Damen vom Brett!) Kd7 31. Sxg7 Th8! (Gegenspiel!) 32. Sg3 (deckt Lh1) Lxg7 33. Txf7+ Ke6! 34. Txg7 Kf6 und der Turm hat keine guten Felder auf Reihe 7! Nach 35. Tc7 folgt Th3 mit Doppelangriff auf Lh1 und Sg3 was meinen dynamischen Vorteil sukzessive materiell veredelt! Der e-Bauer macht in dieser Abwicklung den Unterschied …
Nach weiteren 15 Zügen gibt mein Gegner im Anschluss an Sc4+ auf. Das Matt ist unvermeidbar!!!
Resümee:
Die vergangenen beiden Wochen waren lehrreich, intensiv, erfolgreich und einfach schön! Eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte! Ich habe gegen Kinder von sechs Kontinenten spielen dürfen und Freunde in der ganzen Welt gefunden! Eine Erfahrung, die man erleben muss, auch wenn ich mein bestes gegeben habe, sie durch diesen Blog zu teilen!
Das Endergebnis ist dann auch weniger relevant, soll aber auch nicht verschwiegen werden. Das deutsche U8-Team hat sich geschlossen im Mittelfeld der 123 Teilnehmer eingefunden. Wir konnten alle zwischen 4,5 und 6,0 Punkten erzielen. Meine eigenen 5,5 Punkte entsprechen einer Turnierleistung von genau 50%. Ein Ergebnis, dass ich mir selbst vor dem Turnier nicht zugetraut hätte.
Viel wichtiger aber ist, was für Aadtih, Arian, Jan, Moritz, Noah und mich gilt:
Wir sind als Einzelkämpfer nach Italien gekommen und kehren als Team nach Deutschland zurück. Denn es gibt eine Leidenschaft und eine gemeinsame Erinnerung, die uns verbindet!